Direkt zum Inhalt
Katholische Betriebsseelsorge
Diözese Rottenburg-Stuttgart
RV_Erntehelfer_9-23
Ravensburg
6.10.2023

Besuch bei Erntehelfern

In der Apfelerntezeit Ende September waren mit Philipp Groll von der Betriebsseelsorge Ravensburg und Heike Gotzmann von der Betriebsseelsorge Singen die Beraterinnen von Faire Mobilität Stuttgart (Aleksandra Grobelna) und Freiburg im Breisgau (Suzana Maurer) wieder zu einer zweitägigen Landwirtschaftsaktion am Bodensee unterwegs. Das Ziel bestand darin, arbeitsrechtliche Aspekte den Saisonbeschäftigten näher zu bringen und sie darüber aufzuklären. Ebenso ging es darum zu zeigen, dass Betriebsseelsorge auch für die Menschen auf den Feldern da ist und sie im Blick behält!


Während der Infoaktionen konnten wir insgesamt mit etwa 100 Saisonbeschäftigten aus Polen und Rumänien (einschließlich der ungarischen Minderheit in Rumänien), die in der Apfelernte tätig waren, sowie mit Landwirten sprechen und uns so aus zwei Perspektiven über die Bedingungen in der Branche informieren. Die meisten Saisonbeschäftigten äußerten sich in der Regel äußerst positiv über die Arbeits- und Unterkunftsbedingungen, die ihnen geboten wurden. Von Seiten der Landwirte wurde unsere Aktion überwiegend als negativ teilweise störend empfunden, auch wenn wir sehr daran interessiert sind die Arbeitsabläufe nicht zu stören und nur zu informieren und den Menschen zu helfen eventuelle Missstände auch auszusprechen!
Die angetroffenen Saisonbeschäftigten berichteten, seit mehreren Jahren zur Apfelernte am Bodensee zu kommen, was als Indiz für eine gute Behandlung durch die Landwirte betrachtet werden kann. Nur für wenige Beschäftigte war das deren erste Erntesaison. Gemäß ihren Angaben wurden die Löhne in der Regel pünktlich gezahlt, bei manchen Fällen jedoch erst bei der Rückkehr in ihre Heimatländer. Die angebotene Unterkunft sollte in beheizten Wohnungen erfolgen, häufig zu zweit oder zu dritt in einem Zimmer. Die Erntehelfer waren größtenteils selbst für ihre Verpflegung verantwortlich. In einigen Fällen wurden Vorschüsse für Verpflegung gezahlt.
Trotz der positiven Aussagen trafen wir auf einem Feld acht polnischsprachige Erntehelfer, die noch keinen schriftlichen Arbeitsvertrag bzw. keine schriftlichen Arbeitsbedingungen erhalten hatten, obwohl sie bereits seit einem Monat dort arbeiteten. Am Tag vor unserem Besuch sollte ihnen der Landwirt aus unbekannten Gründen die Ausweise wegnehmen. Sie wussten auch nicht, wie hoch die Miete für ihre Unterkunft ist, und hatten keine Lohnabrechnung erhalten. Sie sollten 9,70 EUR/netto pro Kopf erhalten. Sie wurden in einem Container mit drei Personen pro Zimmer untergebracht.
Bei den Gesprächen mit den Obstlandwirten wurde uns berichtet, dass sie ebenfalls von einer Reihe von Herausforderungen und Druckfaktoren stehen, die ihre landwirtschaftliche Tätigkeit beeinflussen.  Zu den erwähnten Herausforderungen gehören u.a. Arbeitskräftemangel (die Ernte in der Landwirtschaft erfordert in der Regel saisonale Arbeitskräfte. Es ist schwierig, ausreichend motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, insbesondere in Spitzenzeiten, was den Druck auf die Obstbauern erhöhen sollte), Marktpreise und Wettbewerb (die Obstlandwirte sind den Marktpreisen und dem Wettbewerb ausgesetzt. Schwankungen in den Preisen für Obst und die Konkurrenz von ausländischen Märkten sollten die Rentabilität stark beeinflussen) sowie strenge Umweltauflagen und Nachhaltigkeit (es sollte zunehmend strenge Umweltauflagen und Nachhaltigkeitsanforderungen in der Landwirtschaft geben. Obstbauern müssen sicherstellen, dass sie umweltfreundliche Praktiken anwenden und den Anforderungen in Bezug auf Bodenschutz, Wassernutzung und Pestizideintrag gerecht werden).
Insgesamt waren wir sehr zufrieden mit der Aktion. In Zukunft wollen wir im Vorfeld über unsere Aktion informieren, Diskussionsrunden mit Landwirten, Erntehelfern und Politik anstoßen und weiterhin auf den Feldern unterwegs sein. 

Zugehörige Arbeitsfelder