„Erntedank? Fällt 2022 aus!“ war Mitte September in der Süddeutschen Zeitung zu lesen.
Die Trockenheit, die seit 2018 währt, erreichte in diesem Jahr einen Höhepunkt. Dieser Sommer war staubtrocken. Wir erleben, so sagen die Wissenschaftler, die größte Dürre in Europa seit 250 Jahren. Rhein und Donau, die großen Ströme, sind schmächtig geworden, viele Flüsse Rinnsale. Das Getreide ist in vielen Regionen Europas teilweise auf den Halmen verdorrt. Die Ernte der Feldfrüchte fällt auch bei uns kleiner aus. Auch wir bekommen in unserer Region die Folgen des Klimawandels zu spüren und es wird uns bewusst, dass eine gute Ernte nicht mehr selbstverständlich ist.
Gerade deshalb sollten wir dieses Jahr ganz bewusst für all das danken, was wir ernten durften.
Das Danken verändert meinen Blick auf die Welt. Es lässt mich das Gute, das ich empfangen habe, wahrnehmen und wertschätzen.
Das bewusste Wertschätzen von etwas Gutem, und dabei denke ich nicht nur an die Gaben der Natur, sondern z. B. auch an eine nette Geste eines anderen Menschen, hat Einfluss auf meine Lebenszufriedenheit. Die Kraft der Dankbarkeit kann besonders in herausfordernden oder belastenden Zeiten ihre Wirkung entfalten und findet deshalb auch Anwendung im Stressmanagement und im Resilienztraining, also der Stärkung der Widerstandskraft.
Die positiven Wirkungen von Dankbarkeit wurden in vielfältigen Studien nachgewiesen. Dankbarkeit führt zu einer Reduktion der Stressbelastung, einer Minderung depressiver Symptome, Optimismus und Resilienz werden gesteigert, die Schlafqualität verbessert, …
Dankbarkeit hat also eine enorm kraftvolle Wirkung, gänzlich ohne Nebenwirkungen. Ein Mittel, das jeder und jedem jederzeit zur Verfügung steht – wenn man sich dafür entscheidet, diese Haltung einzunehmen.
Wann haben Sie das letzte Mal Dankbarkeit empfunden? Für was sind Sie dankbar?
Eine schöne Übung, die Haltung der Dankbarkeit in das eigene Leben zu integrieren, ist das Führen eines Dankbarkeits-Tagebuches. Einmal in der Woche schreibe ich auf und spüre ich nach, für was ich wirklich dankbar bin.
Der 07. Oktober, der Tag der menschenwürdigen Arbeit, könnte ein Anlass sein, den Menschen zu danken, die sich in den Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne einsetzen, den Betriebs- und Personalrät*innen, die sich um die Sorgen und Nöte der Arbeitnehmer*innen kümmern oder einfach den Kolleg*innen, mit denen ich gerne zusammenarbeite.
Erntedank 2022? Fällt nicht aus!
Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.
Francis Bacon
Hermine Burger
Kath. Betriebsseelsorgerin im Dekanat Biberach