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Katholische Betriebsseelsorge
Diözese Rottenburg-Stuttgart
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Stadt Tuttlingen

Tuttlingen
Mobbing
24.6.2021

Herausforderung Corona-Pandemie

- einerseits ist da der psychische Stress durch Kurzarbeit, eine mental schwierige Phase im Homeoffice - andererseits die Überlastung durch Mehrarbeit in der Pflege, im Einzelhandel und bei den Paketboten - und immer wieder auch der Blick in eine ungewisse Zukunft und die Angst um den Job.
Alle diese Faktoren und die damit verbundene Verletzlichkeit führen vermehrt zu Mobbing am Arbeitsplatz - auch im Homeoffice.
Wie kann ein Betriebsseelsorger in so einer Situation helfen? Im folgenden Interview berichtet Thomas Maile von der Betriebsseelsorge Tuttlingen-Rottweil über seine Arbeit mit von Mobbing Betroffenen.

In welche Betriebe kommen Sie, um zu helfen und wie werden Sie dorthin gerufen?

Thomas Maile: Ich komme in Industriebetriebe, öffentliche Verwaltungen, in Betriebe des Einzelhandels und in Betriebe im sozialen Bereich wie Kindergärten, Krankenhäuser oder Altenzentren. Meistens wenden sich die Betroffenen direkt an mich oder aber auch Betriebs- und Personalräte, Chefs und Gewerkschaftsvertreter.

Als Betriebsseelsorger beobachte ich mit großer Sorge, dass in den letzten Jahren und gerade jetzt auch in der Corona-Zeit aufgrund von steigendem Konkurrenz- und Leistungsdruck in der Arbeitswelt und der zunehmenden Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes Mobbing an Intensität und Häufigkeit zugenommen hat. Für die Betroffenen ist dies die Hölle. Wer ständigen Quälereien durch die Kollegen und/oder die Vorgesetzen ausgesetzt ist, wird körperlich und seelisch krank. Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden, Niedergeschlagenheit und Suizidgedanken sind die Folgen. Jeder dritte Suizid geht auf Mobbing zurück. Mobbing ist also alles andere als ein Kavaliersdelikt.


Wie gehen Sie als Betriebsseelsorger vor?

Thomas Maile: Ich spreche mit den Menschen, die unter Mobbing leiden. Ganz selten aber im Betrieb, weil dort in der Regel die Vertraulichkeit und die Diskretion nicht gewährleistet sind. Ich treffe mich mit den Leuten bei ihnen zu Hause oder bei mir im Büro. Die Betriebsseelsorge-Stelle ist inzwischen zu einer Klagemauer und einem Verbandsplatz für Mobbing-Opfer geworden. Im Gespräch versuche ich mit den Betroffenen die Situation zu erhellen und zu klären. Dabei spielen die W-Fragen eine wichtige Rolle:

Wer ist am Mobbing beteiligt?
Wann geschieht dies?
Wie sehen die Mobbingangriffe aus?
Worin könnten die Ursachen liegen?
Was kann getan werden, um die Situation zu verbessern?


Wie gehen Sie vor, wenn Sie erste Erkenntnisse über die Lage haben?

Thomas Maile: Ich versuche den Betroffenen den Rücken zu stärken, Ihnen Selbstvertrauen zu geben und miteinander zu überlegen, wie man sich wehren kann. Dabei ist unsere Mobbing-Selbsthilfegruppe ganz wichtig. Dort erfahren Betroffene Unterstützung und Hilfestellungen und fassen wieder neu Vertrauen. Sie erhalten konkrete Ratschläge und Tipps voneinander und von mir, wie die nächsten Schritte aussehen können, um die Situation zu verbessern. Und ganz wichtig. Viele tanken dort Kraft und Mut, um sich gegen die Mobber zur Wehr zu setzen. Wenn es von den Betroffenen gewünscht wird, gehe ich auch in die Betriebe, um mit den Beteiligten dort zu reden, damit das Mobbing aufhört.


Können Sie kurz beschreiben, was darüber hinaus wichtig ist?

Thomas Maile: Ganz entscheidend ist die Prävention, d.h. dass Mobbing erst gar nicht entsteht. Auf Betriebsversammlungen, öffentlichen Veranstaltungen, in Presse und Rundfunk informiere ich deshalb regelmäßig über Ursachen, Auswirkungen und Lösungsmöglichkeiten von Mobbing. Ich rege an, Betriebsvereinbarungen abzuschließen, Führungskräfteschulungen zum Thema Konfliktmanagement und Mobbingprävention durchzuführen und vor allem einen kooperativen Führungsstil, Offenheit und Fairness am Arbeitsplatz zu praktizieren. Alles das führt zu einem guten Betriebsklima. Da hat Mobbing keine Chance. Im Übrigen verursacht Mobbing auch unnötig hohe Kosten. Man geht von 30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr aus aufgrund von Fehlzeiten, Minderleistungen und schlechterer Qualität der Produkte. Die Vermeidung von Mobbing kommt allen zugute. Deshalb: Schluss mit Mobbing!