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Katholische Betriebsseelsorge
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Tuttlingen
14.5.2020

Betriebsrat in Coronazeit

Wie geht es Betriebsräten in der Coronakrise?
Betriebsseelsorger Thomas Maile hat dazu mit einigen Betriebsräten und Betriebsrätinnen aus unterschiedlichen Betrieben und Branchen gesprochen.
Hier das erste Interview mit Beate Scholz, Betriebsratsvorsitzende real-Markt Tuttlingen, Lebensmittel-Einzelhandel.

Betriebsrätin Beate Scholz

Welche Auswirkungen hat die Coronakrise bei Euch im Betrieb?

  • Es gilt die vorgegebenen Hygienevorschriften zu beachten, was manchmal ganz schön schwierig ist, wenn z.B. Kunden nicht warten, sondern einfach wie gewohnt Ware aus dem Regal holen, obwohl da gerade ein Kollege einräumt.
  • Die Kasse/Info wurde mit Kunststoff verkleidet, so dass hier die Maskenpflicht entfällt, aber die Kollegen im Markt müssen den ganzen Tag mit Maske arbeiten. Bei der sich anbahnenden Wärme wird das für uns zu einem großen Problem. Hier sucht der Arbeitgeber nach einer Lösung.
  • Die Kunden sind aufgefordert Ihren Einkauf nur alleine (Alleinerziehend, Ältere, Pflegebedürftige ausgenommen) und mit Einkaufswagen zügig zu erledigen. Durch Vorgabe der Regierung ist die Personenzahl die sich im Markt aufhalten darf (incl. Mitarbeiter) begrenzt, und muss von uns überwacht werden. Deshalb Zugang nur mit Einkaufswagen und wenn kein Wagen mehr da ist, ist diese Höchstmenge erreicht und es darf keiner mehr in den Markt.
  • Es dauert einfach alles länger, braucht mehr Zeit.


Wie hat sich Deine Arbeit als Betriebsrätin/Betriebsrat seit der Krise verändert?

  • Es ist schwierig Sitzungen abzuhalten, da sich nicht mehr als 3 Personen im Pausenraum aufhalten dürfen. In meinem Büro sind schon 2 zu viel. Aber Dank neuester Rechtsprechung sind Telefon/Videokonferenzen ja jetzt zulässig. Und bei schönem Wetter ist der Mitarbeiterparkplatz ja groß genug damit alle 5 an der Freiluftsitzung teilnehmen können ?
  • Die Kollegen hatten am Anfang zum Teil richtig Existenzängste, das hat sich aber zum Glück gelegt. Jetzt dreht sich meine Arbeit hauptsächlich um die Flut an Vorschriften, Arbeitsanweisungen... Wie lässt sich das bei uns umsetzen, wo wird ein Kollege nicht ausreichend geschützt, ist das überhaupt so erlaubt, oder bedarf es der Mitbestimmung...


Krisenzeiten sind auch Zeiten besonderer Solidarität. Gibt es da Beispiele bei Euch?

  • Unsere textilen Schutzmasken hat die Nachbarin einer Kollegin genäht und stellt sie uns zum Selbstkostenpreis zur Verfügung. Hier noch ein dickes Dankeschön dafür.
  • Wir haben vom Arbeitgeber Bonuszahlungen als Anerkennung für unseren Einsatz bekommen. Viele Kollegen haben unserem Security (Fremdfirma) und unserer Putzfrau (Fremdfirma) etwas davon abgegeben. Als Dank, dass Sie uns in dieser Zeit den Rücken freihalten und für unsere Sicherheit sorgen.
     

Was macht Dir persönlich Hoffnung in diesen schwierigen Zeiten?

  • Das sind ganz viele Kleinigkeiten, die tagtäglich passieren und ein Stück „Normalität“ bringen. z.B. wenn beim Spaziergang mit dem Hund, das Mädel am Ende der Straße einfach nur Hallo über den Zaun ruft, und mir dann freudestrahlend erzählt, dass Sie gerade Blumen für Ihre Mama pflückt.
  • Und der Zusammenhalt unter den Kollegen. Wenn der nicht wäre könnten wir wohl nicht mehr mit einem Lächeln im Gesicht zur Arbeit kommen.


Gibt es ein Wort, dass Dich ermutigt?

  • Da braucht es kein Wort, ein freundliches Lächeln des Gegenübers und Respekt (Aufmerksamkeit, kein Handy am Ohr, Begrüßung, Bitte, Danke) freut uns mehr als ein lapidar dahingesagtes: bleiben Sie gesund.
  • Von einigen Kunden bekommen wir auch Nervennahrung (Schokolade) oder Trinkgeld für einen Kaffee. Das wird dann gesammelt und mit den Kollegen geteilt.