Menschunwürdiges Leben und Arbeiten als Erntehelfer*innen
Doch dies allein war noch nicht Grund des Anstoßes: Unterkünfte und Arbeitsbedingungen waren nicht menschenwürdig. Eingepfercht in Containern, teilweise ohne Toilette oder Waschbecken, zugemauerte Fenster, wenig Lüftungsmöglichkeiten, zum Teil ohne Spint, so dass die Kleidung in dem mitgebrachten Koffer aufbewahrt werden musste. Einige Frauen mussten, um zur Toilette zu gelangen, durch einen Männercontainer gehen. Dazu noch Akkordarbeit, obwohl Mindestlohn vereinbart wurde. Essen gab es erst um 19 Uhr abends, obwohl zeitweise bereits ab morgen um 5 Uhr gearbeitet werden musste. Mit all diesen und noch viel mehreren Missständen wurden Margaret Brugger von mira (siehe: mira-beratung.de) und Betriebsseelsorger Werner Langenbacher bei einem Besuch der Menschen vor Ort konfrontiert. Dank einer Dolmetscherin konnten wir in das Leben und die Arbeitsbedingungen guten Einblicke erhalten. Und es war klar: hier muss gehandelt werden. Der Hofbesitzer wurde aufgefordert, arbeitsrechtliche Vereinbarungen einzuhalten und für hygienische Maßnahmen zu sorgen. Ein Hinweis an das Landratsamt veranlasste das zuständige Amt, die Unterbringungs- und Hygienezustände zu kontrollieren. Daraufhin wurden 30 Mängel festgestellt, die bis Ende Juni beseitigt werden musste.
Um einen neuen Hof mit besseren Arbeitsbedingungen zu finden, nahm Margarete Brugger von mira mit der Agentur der Arbeit Kontakt auf. Nach kurzer Zeit wurde ein neuer Hof gefunden, der sich in Schleswig-Holstein befindet. In aller Frühe am 18. Juni wartete ein Bus auf die 23 Georgier*innen, um sie an ihre neue Arbeitsstelle zu bringen. Die ersten Bilder der Unterkunft waren sehr hoffnungsvoll, alles sauber rund ordentlich. Doch auch hier: keine Stundenlöhne, nur Akkordarbeit, Schuften im strömenden Regen, keine Einhaltung von Coronamaßnahmen. Die neueste Nachricht kam nach drei Tagen: alle Erntehelfer*innen wollen so schnell wie möglich zurück in ihr Heimatland.
Mira und Betriebsseelsorge werden weiterhin Kontakt zu den Menschen halten, denn in Friedrichshafen wird eine Sammelklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden.