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Katholische Betriebsseelsorge
Diözese Rottenburg-Stuttgart
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Saltillo

Leitung
5.5.2020

Vom (Über-)Leben, Arbeiten und gewerkschaftlichem Engagement in den Zeiten von Corona

Stimmen aus der weiten Welt. Teil 7 – Migrantenherberge Saltillo, Nordmexiko

„Wir werden oft gefragt, wie es uns geht und was wir brauchen, und dafür sind wir sehr dankbar.“ – Mit dem Leiter des Sozialdienstes der Migrantenherberge Saltillo, José-Luis Manzo, im Gespräch.

 

Welche Auswirkungen hat die Corona-Virus-Pandemie auf die Migrant*innen, die durch Mexiko in den Norden ziehen?

Die Auswirkungen sind in dreierlei Hinsicht spürbar: Erstens finden Menschen, die nach der ausgerufenen Quarantäne in Mexiko ankommen, immer mehr geschlossene Unterkünfte vor, die in den meisten Fällen sowieso nur über geringe Kapazitäten verfügen, um sie zu versorgen. Jene, die sich in Saltillo bereits in den Migrantenherbergen aufhielten, sind in ihrer Mobilität und der Möglichkeit, einer Arbeit nachzugehen, stark eingeschränkt. Sie müssen ihren weiteren Weg überdenken oder ihren ursprünglichen Plan aufgeben. Und schließlich trifft beide Bevölkerungsgruppen - Migrant*innen wie Einheimische- die aktuelle Situation sowohl in ihrer emotionalen wie psychischen Verfasstheit. Die Unsicherheit, nicht zu wissen, was passieren wird, ist groß, und das Wegbrechen der Zukunftsperspektiven für ein Leben in Mexiko oder den Vereinigten Staaten von Amerika sehr belastend.

 

Wie habt Ihr in der Migrantenherberge von Saltillo auf die aktuelle Situation reagiert?

Wir haben uns auf verschiedene Maßnahmen verständigt. Eine davon konzentrierte sich bereits auf die Quarantäne, d.h. wir erstellten einen Einsatzplan, der es uns erlaubt, Präventionsmaßnahmen effektiv umzusetzen und ein Programm von Aktivitäten für die Menschen zu erstellen, die bereits in der Migrantenherberge einen Platz gefunden haben. Darüber hält sich das Betreuungsteam / unser Sozialdienst in der Herberge ständig auf dem Laufenden über die besten Möglichkeiten der psychosozialen Betreuung und Eindämmung der Krankheit. Die Migrant*innen, so nehmen wir es wahr, sehen sich plötzlich mit Angstkrisen konfrontiert, mit denen sie nicht umzugehen wissen.

 

Krisenzeiten sind auch Zeiten besonderer Solidarität - wo wird dies in Deinem Umfeld deutlich?

Glücklicherweise haben die Menschen, die sich bereit erklärt haben, mit einer Mahlzeit unsere Arbeit zu unterstützen, die Situation gut verstanden. Wir haben sie gebeten, frische Lebensmittel vorbeizubringen; jetzt kochen wir selber, was einerseits unsere Unterstützer*innen entlastet und uns andererseits die Möglichkeit gibt, die Ressourcen besser zu verwalten. Die Solidarität wurde durch die Quarantäne nicht geschmälert. Wir erhalten fast jeden Tag Nachrichten, in denen wir gefragt werden, wie es uns geht und was wir brauchen, und dafür sind wir sehr dankbar.

 

Gibt es ein Wort, dass Dich in diesen Zeiten ermutigt?

Ich habe großes Vertrauen in die Worte des Seligen Scalabrini. "Tue Gutes, alles Gute, was möglich ist und auf die bestmögliche Art und Weise". Diese Pandemie muss das Beste des Menschen ans Tageslicht bringen und uns zwingen, nicht irgendwann einmal zur Normalität zurückzukehren; dann hätten wir nur wenig oder gar nichts gelernt.

 

Hier geht es zur spanischen Fassung des Interviews: